1,5 km statt 1,0 km Tabuzone um Rotmilanhorste nun auch in Hessen. (A.M.)
Das VGH Kassel stellte im Beschluss 9 B 2223/20 klar, dass ein bundesweiter Fachstandard
eine Verwaltungsvorschrift bzw. einen Leitfaden der Landesregierung bricht.
Die Klage der SDW gegen den Windpark "Wotan" in Trendelburg hatte einen schönen klassischen dreigleisigen Aufbau:
1. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände, welche keiner
artenschutzrechtlichen Ausnahme nach § 45 BnatSchG Raum geben
2. Natura2000-Prüfung (durch § 34 BNatSchG in Bundesrecht umgesetzt) unzureichend
3. Umweltverträglichkeitsprüfungen standortbezogene oder allgemeine
Vorprüfung des Einzelfalls nach UVPG gänzlich unterlassen,
abwägungserhebliche Belange nicht oder falsch ermittelt bzw. im
Ergebnis nicht nachvollziehbar
Zu Punkt 1 war bislang - im Gegensatz zu MV, Sachsen, Bayern - in
Hessen noch nicht oberverwaltungsgerichtlich geklärt, ob ein
bundesweit anerkannter Fachstandard wie die zweite Version des
Helgoländer Papiers von 2015 (Erstversion von 2007) der
Verwaltungsvorschrift eines Bundeslandes oder gar nur einem
Verwaltungsleitfaden hier dem Hessischen Windkraftleitfaden von 2012
vorgehe. Diese Auffassung wurde auch zuvor schon erstinstanzlich vom
VG Kassel und VG Darmstadt (wie auch VG Berlin und VG Düsseldorf)
vertreten. Dem ist der VGH Kassel nun offenbar gefolgt. Praktisch
beträgt die Tabuzone um einen Rotmilanbruthorst damit auch in Hessen
1.500 m obwohl der Leitfaden von 2012 und erneut die seit 05.01.2021
geltende Verwaltungsvorschrift lediglich 1.000 m vorsehen.
Zu Punkt 2 wurden offenbar der Ermessensausübung bei der
Natura-2000-verträglichkeitsprüfung gewisse Grenzen gesetzt.
Die Trendelburg-Klage ist eine sehr gute Blaupause für das Vorgehen
gegen Windkraftprojekte an vielen anderen Orten in den leider nur noch
flickenteppichartig bewaldeten Kammlagen der Mittelgebirge.
Anbei zum download die erst- und zweitinstanzlichen Entscheidungen nebst der
PM der SDW.